- Geschrieben von: Renate Altenkirch
Zur Zeit der Verkoppelung (1855 - 1869) gab es in Wasbüttel 39 landwirtschaftliche Betriebe von sehr unterschiedlicher Größe. Die neun Ackerhöfe bewirtschafteten zwischen 48 und 26 ha, die 16 Köthnerstellen zwischen 19 und 8 ha. Kleinere bäuerliche Betriebe, der Brinksitzer und die An- und Abbauern, bearbeiteten zwischen ca. 4 ha und 3000 m². Vor allem die kleineren Abbauern waren auf einen Zuerwerb als Handwerker, Tagelöhner oder Gastwirt angewiesen.
Alle nahmen an der Verkoppelung teil und wurden Eigentümer der übertragenen Flächen.
Kurz vor der Jahrhundertwende nahm die Landwirtschaft einen großen Aufschwung. Die Bauern konnten mit Kunstdünger die Erträge ihrer Felder deutlich steigern. Es wurden in verstärktem Maße Zuckerrüben angebaut, die zur Zuckerfabrik nach Fallersleben bzw. Meine geliefert wurden. Das führte zu Wohlstand in der Region und die Bautätigkeit nahm zu. Bis zum 1. Weltkrieg (1914 - 1918) waren in Wasbüttel 66 Feuerversicherungsnummern vergeben. Fast alle neuen Haushalte betrieben eine kleine Landwirtschaft. Es gab allerdings mehr als 66 Wohngebäude, denn die Arbeiterhäuser der großen Ackerhöfe hatten keine eigene Hausnummer.
Viele Bauern ersetzten damals ihre alten niedersächsischen Hallenhäuser (Wohnteil, Viehställe und Tenne unter einem Dach) durch neue Wohnhäuser. Es entstanden außerdem die ortsbildprägenden Gebäude »Villa Meinecke«, die Dampfmolkerei sowie die markanten Hofeinfahrten bei Hotop und Gliemann.
Das letzte Haus, das zwischen den beiden Weltkriegen (1918 bis 1939) gebaut wurde, hatte die Versicherungs-/Hausnummer 70. Die Einwohnerzahl stieg auf knapp 400.
In den hundert Jahren zwischen Verkoppelung und 2. Weltkrieg veränderte sich das Leben der Menschen durch die Entwicklung der Technik.
1871 wurde die Eisenbahnstrecke von Lehrte/Hannover nach Berlin in Betrieb genommen. Ab 1890 gab es die Zugverbindung vom Bahnhof Meine aus nach Braunschweig.
Fahrräder waren ab der Jahrhundertwende vereinzelt gebräuchlich.
Auch in der Landwirtschaft kamen die ersten Maschinen (Traktoren, Dreschmaschinen) zum Einsatz.
Die Straßen nach Isenbüttel, Calberlah und Ohnhorst waren um 1910 »landstraßenmäßig« ausgebaut, vermutlich mit Feldsteinpflaster. Bis zur Ortsgrenze wurde der Ausbau in Eigenleistung der Bürger erbracht. Die innerörtlichen Straßen mussten die Wasbütteler ebenfalls selbst befestigen. Das geschah je nach Bedarf beispielsweise mit Schotter oder Kesselschlacke.
Das Trinkwasser wurde weiterhin aus Brunnen geschöpft, Wasserleitungen gab es nur vereinzelt. Abwasserleitungen hatte man noch nicht. Schmutzwasser versickerte in der Umgebung oder floss in die Rieden. Es gab Plumpsklos außerhalb des Hauses, meist in der Nähe des Misthaufens.
Das erste oberirdisch verlegte Kabel, ein Telefonkabel, führte 1904 zur Gaststätte Brandes (später »Kastanienhof«, S. ). Elektrischen Strom gab es in Wasbüttel seit 1916 über oberirdische Leitungen.
Die Menschen waren in erster Linie Selbstversorger. Es gab einen Bäcker und einen Kolonialwarenladen - seit wann ist nicht bekannt. Nach 1930 eröffnete ein Fleischer sein Geschäft. Für weitergehende Einkäufe fuhr man mit einer Pferdekutsche »in die Stadt«.
Eine Schule (seit 1648) und eine Kapelle (seit ca. 1500) gab es 1850 bereits, der eigene Friedhof (vorher in Isenbüttel) wurde 1905 angelegt.
Von Renate Altenkirch