- Geschrieben von: Renate Altenkirch
Lehnsherrschaft
Früher gehörten die Gemarkungen feudalen Landesherren, die den Bauern das Land zu Lehen gaben („verliehen“). Geackert wurde in schmalen Streifen. Das Lehen wurde mit dem Zehnten (10 % des Ertrages in Naturalien) sowie mit Hand- und Spanndiensten (Arbeit für den Lehnsherren) abgegolten.
Der größte Teil der Gemarkung war damals noch bewaldet, moorig oder Ödland und noch nicht urbar. Er wurde von den Bauern gemeinschaftlich genutzt (Allmende) durch Beweidung, Holzgewinnung, Grasschnitt u. ä.; Abgaben waren auch dafür zu entrichten. Es fand großer Raubbau an der Allmende statt, weil alle sie nutzten, sich aber nicht um Nachhaltigkeit bemühten.
Einen Ausweg sahen preußische Reformer im frühen 19. Jahrhundert in der Privatisierung.
Verkoppelung
Durch entsprechende Gesetze wurde Anfang des 19. Jahrhunderts eine Neuaufteilung und Privatisierung der Feldmark vorgenommen.
Zuerst wurden ab ca. 1842 die genauen äußeren Gemarkungsgrenzen des Dorfes festgelegt und die zu verteilende Fläche festgestellt. Auch musste die Bodengüte beurteilt und bei der Neuverteilung berücksichtigt werden. Es wurde die bisherige Bewirtschaftungsgröße eines Hofes in der Maßeinheit „Kuhweiden“ gemessen, das ist die Fläche, die man für eine Kuh pro Jahr zur Futterproduktion benötigt. Je nach Bodengüte ergaben sich für eine „Kuhweide“ unterschiedlich große Areale. Man verteilte die Flächen des Dorfes nahezu komplett neu und legte ein neues Wegenetz an.
Im Jahr 1855 wurden die neuen Grenzen festgelegt. Diese Verkoppelung/Flurbereinigung beendete man im Sommer 1869 und schrieb sie in einem Rezess/Vertrag fest.
Ablösung - „Bauernbefreiung“
Parallel zur Verkoppelung mussten sich alle Bauern von den Lehnsherren freikaufen, um Eigentümer ihrer Acker- und Weideflächen zu werden. Die bis dahin zu leistenden jährliche Hand- und Spanndienste und Abgaben wurde in einen Geldwert umgerechnet. Mit dem 25-fachen dessen kauften sich die Bauern beim Lehnsherrn frei (Ablösung). Da der Kaufbetrag/Ablösungsbetrag im Ganzen zu zahlen war, entstanden zu der Zeit Kreditanstalten, die den Bauern das nötige Kapital liehen.
Neue Kleinbauernstellen
Das Dorf hatte vor der Verkoppelung 29 feuerversicherungspflichtige Hofstellen: 9 Ackerhöfe, 16 Kötner, 1 Brinksitzer und 3 Anbauern (siehe Alte Höfe).
Als Eigentümer konnten die Bauern nun über ihr Land frei verfügen. Es entstanden zehn neue Abbauernstellen, die von größeren bestehenden Höfen abgetrennt wurden. Möglicherweise wurde damit „weichenden Erben“ (zweite Söhne) oder anderen Leuten aus dem Dorf eine eigene Existenz ermöglicht. Abbauern hatten ein für eine Kleinlandwirtschaft eingerichtetes Haus, aber meist nur geringe landwirtschaftliche Nutzflächen. Sie durften zudem die Allmende nicht nutzen und waren deshalb auf einen Nebenverdienst z. B. als Gastwirt, Handwerker oder Tagelöhner angewiesen.
In dieser Zeit wuchs das Dorf auf 39 Hofstellen unterschiedlicher Größe. Bis zum 2. Weltkrieg kamen ungefähr 30 weitere Kleinbauernstellen hinzu. Die Größe des Ackers reichte in der Regel zur Selbstversorgung.
Begriffserklärungen siehe "weiterlesen"