- Geschrieben von: Gisela Keese-Paulo und Andreas Fricke
Im Jahre 1906 kaufte der Unternehmer Hugo Triebel aus Söderburg bei Magdeburg ein Grundstück von der heutigen Hofstelle Eggeling (vorher Gils) sowie die angrenzende Tränkestelle der Realgemeinde, um dort eine Molkerei zu errichten.
Da bei der Milchverarbeitung sehr viel Wasser benötigt wurde, wurde für den Molkereibetrieb an der Tränkestelle ein Brunnen gebaut. Der Brunnen stand auch den Dorfbewohnern zur Verfügung.
Das Molkereigebäude wurde vermutlich direkt nach seiner Fertigstellung von dem Molkereibetreiber Eduard Fette übernommen. Neunzehn Jahre lang betrieb dieser die Dampfmolkerei. Er bewohnte die Betriebswohnung im 1. Stock des Vorderhauses.
Im unteren Geschoss des Gebäudes befand sich die Betriebsstätte, die als Hallenbau mit einem verfliesten Boden und einem Bodenabfluss ausgestattet war.
Die Dampfmaschine stand im Anbau des Vorderhauses. Sie trieb durch Transmissionswellen und -riemen die Zentrifuge, alle Erhitzer, das Butterfass und die Pumpen an. Sie lieferte den notwendigen heißen Dampf für die Pasteurisierung der Milch und bewegte außerdem über den Riemenantrieb die jeweiligen Trommeln. Möglicherweise hat man zu dieser Zeit auch einen Stromgenerator genutzt, um elektrisches Licht zu erzeugen.
Das benötigte Brauchwasser wurde mit Hilfe einer Pumpe aus dem Brunnen gefördert, die Abwässer flossen in die Beekeriede neben der Molkerei.
Jeden Morgen fuhr ein „Milchkutscher“ mit Pferd und Wagen zu den einzelnen Bauernhöfen und sammelte die Milchkannen mit der Rohmilch ein, die er dann in der Dampfmolkerei ablieferte.
Die morgendliche Anlieferung der Milch war über eine Rampe am Haus möglich. In der ersten Zeit gab es sie vor dem Haus (parallel zur Straße), später ordnete man sie seitlich an. Die Anlieferungsfahrzeuge mussten nicht wenden. Sie konnten vorwärts - um das Gebäude herum - wegfahren.
1925 wurde die Dampfmolkerei an den Molkereibetreiber Franz Range verkauft.
Nach zwölf oder dreizehn Jahren ordnete der Staat die Schließung kleinerer Molkereien an. Ab 1938/39 mussten die Wasbütteler Bauern ihre Milch zur Molkerei in Meine liefern.
Damit hörte die Dampfmolkerei in Wasbüttel auf zu existieren. In den nachfolgenden Jahren wurde sie auf andere Weise genutzt.
1942 kaufte der Kaufmann Richard-Otto Meyer die Immobilie. Bekannt ist, dass er im Laufe der Zeit als Hühner- und Versuchstierzüchter tätig war, eine Baumschule gründete und Kosmetikprodukte herstellte.
Ab 1960 wurde das Gebäude von dem Tischler Paul Bölkow genutzt, der seinen Betrieb im Maschinenraum des Vorderhauses untergebracht hatte. Er selbst wohnte im Hinterhaus, in dem inzwischen eine Wohnung eingebaut war.
Im Vorderhaus gab es für einige Zeit auch einen Friseursalon.
1965 kaufte der Landwirt Wilfried Fricke die alte Molkerei von Meyers Witwe.
Er trieb die Nutzung des Gebäudes als reines Wohnhaus voran.
Bis heute sind in der ehemaligen Molkerei sowie in den Nebengebäuden weitere Wohnungen entstanden.
Von Gisela Keese-Paulo und Andreas Fricke