Aus dem Heimatbuch des Landkreises Gifhorn von 1951:
Die großen Flüsse Deutschlands gehen fast alle von Süden nach Norden und bringen unserm Vaterlande so den Anschluß zum Meere. Für den Verkehr von Osten nach Westen und umgekehrt waren Querverbindungen zu schaffen. ...
Man einigte sich auf eine mittlere Linie mit Stichkanälen nach Hildesheim und Peine-Braunschweig. Damit wurde dann die Verbindung von Rhein und Elbe hergestellt, denn schon vorher waren die einzelnen Teilstrecken bis Hannover gebaut worden; die Bauzeit von dort bis Magdeburg dauerte von 1928 bis 1938, die Gesamtzeit beträgt ungefähr 50 Jahre. Ein gewaltiges Werk ist damit vollendet worden, 390 Straßen und Wege und 76 Eisenbahnen waren zu überbauen, gewaltige Schleusen und Hebewerke waren zu errichten, um den Höhenunterschied auszugleichen. ...
Im Kreise Gifhorn liegt nur ein kleiner Teil des »Mittellandkanals«. ... Zwei Unterteile kann man bei unserem Kanalteil unterscheiden, die durch die Schleuse bei Allerbüttel-Sülfeld geschieden werden. Im ersten Teil ist ein großer Erdeinschnitt nötig gewesen, die ausgeschachtete Erde wurde an geeigneten Stellen, oft in einem großen, langgestreckten Hügel, aber auch auf niedrigen, wenig wertvollen Wiesen und in Sümpfen, gelagert. Am Allertal hat der Kanal ein hohes Gefälle zu überwinden, ... bei Sülfeld wird ein Gefälle von neun Metern überwunden. Bei der Schleuse dort fahren die Schiffe zum Heben oder Senken in eine große »Trogkammer«, deren Türen hinter ihnen geschlossen werden. ... Im Kreise Gifhorn war am Kanal zunächst nur ein Hafen bei Fallersleben gebaut worden, später kam ein weiterer in Wolfsburg hinzu.
Der Kanal hat bei den angrenzenden Ländereien manches wertvolle Stück genommen oder zerschnitten; das Grundwasser wurde gesenkt, und oft wurden Wiesen und Felder weniger ertragsfähig gemacht; die Brunnen der nahe liegenden Dörfer versiegten vielfach, und andere Nachteile zeigten sich. Aber weit größer sind die Vorteile! West- und Ostdeutschland sind aufeinander angewiesen, ein vielfacher Austausch ist bei ihnen nötig und dem dient neben der Eisenbahn und den Autobahnen der Kanal. Auf ihm werden Getreide, Kohlen, Steine, Zement, Holz usw. befördert. Das dauert wohl länger als mit anderen Verkehrsmitteln, ist aber auch sehr viel billiger.
An den Ufern des Kanals entstanden Fabriken — wie das Volkswagenwerk —, Lagerhäuser und -Plätze an den Häfen, Badeanstalten bei den Dörfern (Edesbüttel), Erhöhung von Sümpfen und Entwässerung von Moor- und Unland, Sportplätze auf den »Kippen« der ausgehobenen Kanalerde usw. — So wurde nicht nur ein bedeutungsvolles Verkehrsmittel geschaffen, sondern auch oft eine Veränderung der Landschaft und des Wirtschaftslebens erreicht.
Das betrifft uns in Wasbüttel:
Zwischen 1928 und 1938 wurde der Abschnitt von Hildesheim bis Magdeburg fertiggestellt, zuletzt organisiert vom Reichsarbeitsdienst. Viele Männer wurden beschäftigt, weil man noch vieles in Handarbeit erledigte. Einige Arbeiter fanden in Wasbüttel ihr Glück und wurden hier ansässig.
Die Bauernhöfe an der Moorstraße, Haustenbeckerstraße und am Mausoleumsweg in Isenbüttel sowie die Siedlung Ilkerbruch entstanden vom Erdaushub des Kanal- bzw. Schleusenbaus.
Vom Oberlauf der Hehlenriede, die in der Nähe von Meinholz entspringt, wurde ein Teil (bis Wedelheine/Wedesbüttel) vom Mittellandkanal »geschluckt«.